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Die Altmark: Hochburg der Pferdezucht

Ich liebe meine Altmark

Die Altmark: Hochburg der Pferdezucht

Der Ponyzuchtverein „Drömling“ ist der größte seiner Art in der Altmark und organisiert regelmäßig Sternfahrten. Hier Wilfried Müller aus Siestedt mit seinem Welsh A-Gespann. Wilfried Müller aus Siestedt hatte zwei Welsh A im Gespann. Foto: privat/Conny Stegert

Pferdezucht und -sport haben in der Altmark eine lange Tradition. Allein ihrer natürlichen Bedingungen wegen ist die Region prädestiniert für diese Tierart. Ausgedehnte Grünlandgebiete, wie beispielsweise der Drömling, die Elbaue oder die Aland-Niederung, bieten sich für eine artgerechte Weidehaltung an und liefern die Futtergrundlage.Ursprünglich ging es der Züchterschaft darum, Pferde für die Wirtschaft aber auch das Militär bereit zu stellen. Bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das Altmärkische Halbblutpferd erwähnt, von dem allerdings keine Rassebeschreibung überliefert wurde. Mit der Gründung des „Verbandes für die Zucht des Schweren Arbeitspferdes in der Provinz Sachsen“, im Jahr 1899, gelangte die organisierte Zucht zum Durchbruch. Altmärker Züchter standen dabei mit in der ersten Reihe. Erster Vorsitzender war Herr von Jagow-Calberwisch aus dem Kreis Osterburg.Das Kaltblutpferd dominierte die Zucht. Allerdings herrschte anfänglich Uneinigkeit über die Rassefrage. Es gab sowohl Anhänger des englischen Shire-Pferdes, als auch die des Belgischen Pferdes. Letzteres setzte sich schließlich durch, wobei die Gründungen der Pferdezuchtgenossenschaften in Goldbeck und Berkau 1906 einen großen Anteil haben.

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Dr. Ingo Nörenberg ist Zuchtleiter des Pferdezuchtverbandes Brandenburg-Anhalt
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Auf der Altmärkischen Tier- und Gewerbeschau in Krumke fuhr die Sandbeiendorfer Zuchtgemeinschaft Schleef/Schneider mit ihrem Kaltblutgespann vor. Fotos (2): Rudi Michael Wienecke

Mit der Mechanisierung der Landwirtschaft in den 60er Jahren verlor das schwere, gutmütige Arbeitspferd seine Bedeutung. Der Bestand an Zuchttieren sank rapide. Dank der ausgeprägten Passion und des Traditionsbewusstseins, vor allem in der Altmark, überlebte diese Rasse. Dazu trugen unter anderem Züchterpersönlichkeiten wie Fritz Templin aus Klein Schwechten, Werner Schaper aus Stendal-Röxe, Martin Kunze aus Engersen oder die beiden Pretzierer Egon Sommerfeld und Herbert Otto Schulz bei.

Nach der Wende erhielten die sanften Riesen sogar eine Zeit lang die Rassebezeichnung „Altmärkisches Kaltblutpferd“. Bedeutende Zuchten gibt es aktuell in Klötze oder Stappenbeck. Jüngst konnte die Sandbeiendorfer Zuchtgemeinschaft Schleef/Schneider einen Doppelerfolg feiern. Diese stellte Ende Juni auf dem Fohlenchampionat in Brück sowohl das beste Hengst-, als auch das beste Stutfohlen. Der dazugehörige Stutenstamm basiert auf der traditionsreichen Zucht der Familie Heseler aus Dönitz.

„Ja, die Altmark kann als Hochburg der sachsen-anhaltinischen Pferdezucht angesehen werden“, bestätigt Dr. Ingo Nörenberg, Zuchtleiter des Pferdezuchtverbandes Brandenburg-Anhalt. Längst gehe es vorrangig allerdings nicht mehr um die Nutzung des Pferdes in der Landwirtschaft, sondern die Vierbeiner seien zum Sport- und Freizeitpartner geworden. Auch in diesem Punkt wurde in der Altmark Geschichte geschrieben. So stieß Nörenberg nach langen Recherchen auf einen Artikel der beweist, dass sich die Reiterschaft im Januar 1925 mit der Gründung des Reitbundes der Provinz Sachsen und des Freistaates Anhalt in Stendal organisierte.

Neben den Kaltblut- gibt es in der Altmark erfolgreiche Shetlandpony-, Welsh-, Haflinger-, Lewitzer- und Reitponyzuchten. Das Deutsche Sportpferd dominiert allerdings zahlenmäßig den Bestand. Besonders stolz können die Altmärker aktuell auf ihre zwei Weltmeisterinnen dieser sein.

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Auf der Altmärkischen Tier- und Gewerbeschau in Krumke fuhr die Sandbeiendorfer Zuchtgemeinschaft Schleef/Schneider mit ihrem Kaltblutgespann vor.
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Der Springsport ist in der Altmark sehr beliebt, hier eine Aufnahme vom Reitertag in Bismark.

Erstere, „DSP Alice“, siegte unter ihrer Reiterin Simone Blum bei der Deutschen Meisterschaft der Springreiter 2016 bei den Amazonen. 2017 gelang dem Paar der Sieg in der Herren-Konkurrenz, so dass sie den Deutsche Meister-Titel auch hier gewinnen konnten. Bei den Weltreiterspielen 2018 in Tryon (USA) blieben Blum und „Alice“ als einziges Paar in allen fünf Springen fehlerfrei und wurden Weltmeister in der Einzelwertung.

Der Wert der 2007 im Stall des Berkauer Züchters Ralf Mewes geborenen Fuchsstute („Askari“ - „Landrebell“) wird aktuell im zweistelligen Millionenbereich vermutet, sie gilt aber als unverkäuflich. Zweite im Bunde ist „Asha P“, ebenfalls eine „Askari“- Tochter, die von Lutz Pietscher aus Kalbe/Milde gezogen wurde. Im vergangenen Jahr wurde sie unter ihrer Reiterin Ingrid Klimke in Frankreich Weltmeisterin der siebenjährigen Vielseitigkeitspferde. Als Beispiele für weitere internationale Erfolgspferde aus der Altmark nennt Nörenberg die beiden bei Lutz Freimann in Krumke gezogenen Vollbrüder und Dressurtalente „Bartlgut’s Quebec“ und „Bartlgut’s Quantum“, den Dressurhengst „DSP De Sandro“ von der Familie Lembke aus Trüstedt oder den Springer „DSP Cashmoaker“, von Frank Timmreck in Schwarzholz gezogen.

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Der Schimmelhengst „Kolibri“ galt als „Landgraf des Ostens“. Zeitlebens war er in Krumke stationiert und er gehörte zu den 20 besten deutschen Leistungsvererbern. Seine mehr als 1700 direkten Nachkommen sprangen eine Summe von mehr als 2,4 Millionen Euro ein. Fotos: Rudi Michael Wienecke

Der Wermutstropfen für diese Spitzenzüchter aus der Region: Von den horrenden Verkaufs- und Gewinnsummen dieser Tiere sehen sie in der Regel nichts mehr, da sich ihr Wert erst durch die sportlichen Erfolge ergibt und sie oft als Fohlen schon die Altmark verlassen hatten. Allerdings haben die hiesigen Züchter noch die erfolgreichen Mütter in ihren Stätten zu stehen und nach den Erfolgen derer Söhne und Töchter werden wiederum für deren Brüder und Schwestern gehobenere Preise gezahlt. Die breite Masse der Pferdeleute kann mit der Zucht aber kein Geld verdienen. Es ist ein teilweise recht teures Hobby.

Trotzdem ist das Pferd durchaus ein Wirtschaftsfaktor in der Altmark. In beiden Landkreisen gibt es rund zehn Vereins- und Privatreitanlagen, in denen mit der Ausbildung jungen Pferde Geld verdient wird. Landwirte profi tieren, in dem sie die Vierbeiner in Pension nehmen oder an die Halter das Futter verkaufen und auch die Tierärzte und Hufschmiede machen ihr Geschäft. Der klassische Beruf des Sattlers ist hier zu Lande dagegen so gut wie ausgestorben. Zubehör für Ross und Reiter gibt es im Fachhandel, meist auf einschlägigen Online-Plattformen.
   

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Foto: Archiv VS

Der Interessenverband „Sternreiten in der Altmark“ will hingegen die Freizeitreiter in das nördliche SachsenAnhalt locken. „Die Altmark hat mit 1600 Kilometern eines der größten zusammenhängenden Reitwegenetze in Deutschland“, wirbt der Verein. Von etwa 40 Reiterhöfen aus kann in die naturbelassene Landschaft gestartet werden und dabei braucht auch die Kultur nicht zu kurz kommen. So sind auch ein Schlösser-Trail oder ein Sagen-Trail im Angebot. Neben den Kaltblut- gibt es in der Altmark erfolgreiche Shetlandpony-, Welsh-, Haflinger-, Lewitzer- und Reitponyzuchten. Das Deutsche Sportpferd dominiert allerdings zahlenmäßig den Bestand. Besonders stolz können die Altmärker aktuell auf ihre zwei Weltmeisterinnen dieser sein.