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Im Januar mit dem Pferdeschlitten unterwegs

DAS ist meine Börde

Im Januar mit dem Pferdeschlitten unterwegs

Von Marita Bullmann  Wedringen - An einen Winter mit viel Schnee in den 1950er Jahren erinnert der Wedringer Kalender 2019 in diesem Monat. Auf dem Januarblatt ist nämlich der Start zu einer Schlittenfahrt zu sehen. Vor eine große Schlittenkutsche war ein Pferd gespannt.Seit vielen Jahren stellt Hans-Henning Wiese, der Vorsitzende des Fördervereins Dorfgemeinschaftshaus Wedringen, alljährlich einen Monatskalender mit alten Fotomotiven zusammen und druckt ihn auch selbst. Der Erlös fließt stets in die weitere Sanierung des Dorfgemeinschaftshauses. Für den diesjährigen Kalender hat Henning Wiese überwiegend Fotos aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ausgesucht. Im Februar ist zum Beispiel das „Forellenquintett“ vom Sportlerfasching in den 1980er Jahren zu sehen. Im März rollt ein Trabi in einer Aufnahme aus den 1970er Jahren über die Dorfstraße. Im Juni wird an den Festumzug zur 900-Jahr-Feier 1988 erinnert.             

DAS ist meine Börde

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Werbung für die Sportveranstaltung 1919. Reproduktion: Archiv Klar

Das Foto vom August ist etwa 80 Jahre alt. Zwei Bäuerinnen binden in den 1930er Jahren auf einem Feld Getreidegarben. Im Hintergrund ist die frühere Windmühle zu sehen. Aus demselben Jahrzehnt stammt auch ein Foto von einem Umzug bei einem Kinderfest, das auf dem Septemberblatt zu betrachten ist.

Jüngstes Zeitzeugnis auf dem Kalender ist übrigens der Verkehrsunfall auf der Hauptstraße vom Mai 2015. Auf die Bundesstraße war ein Lkw in ein Wohnhaus gerast, das Haus wurde später abgerissen.

Die Aktiven vom Förderverein haben sich gefreut, dass auch der neue Kalender wieder gut „weggegangen“ ist. Überhaupt sind die Wedringer der letzten Einladung des Vereins im vergangenen Jahr zum Flohmarkt mit Kaffee und Kuchen so zahlreich gefolgt, dass gleich zu Beginn jeder Platz an den Tischen im großen Saal besetzt war. Dieser Flohmarkt zum ersten Advent ist längst zur Tradition geworden, genauso wie der Kalender.

4 Fragen an Hans-Werner Kraul

Bürgermeister von Oebisfelde-Weferlingen

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Hans-Werner Kraul. Foto: Harald Schulz

1. Im Herbst dieses Jahres blicken wir auf 30 Jahre friedliche Revolution zurück. Wie hat sich das Leben für Sie persönlich dadurch verändert?

Der Herbst 1989 brachte für mich viele positive Veränderungen. Durch die Wiedereröffnung des Gymnasiums in meinem Heimatort Weferlingen konnte ich mich dort als Lehrer bewerben und wurde auch dort angestellt – somit entfiel die damals noch sehr schwierig zu gestaltende Fahrt nach Haldensleben, meinem vormaligen Arbeitsort. Weiterhin konnten mich durch den Wegfall von Grenze und Sperrgebiet nun auch Freunde, Verwandte und Bekannte ohne Beantragung eines Passierscheines besuchen. Umgekehrt war es mir auch möglich, entsprechend meiner finanziellen Möglichkeiten bis dahin für mich unerreichbare Länder zu bereisen, was eine enorme Erweiterung des Horizontes mit sich bringt. Kurzum, auch, wenn es Menschen gibt, die die neue Entwicklung sicherlich berechtigt zwiespältig betrachten, so kann ich für mich behaupten, dass die sogenannte Wende nur positive Aspekte brachte.

2. Welche wesentlichen Veränderungen gingen und gehen damit noch immer für die Stadt/ Gemeinde und ihrer Ortsteile einher?

Seit der politischen Umstrukturierung gibt es wahrhaft freie Wahlen, sodass die Menschen nun tatsächlich die Personen in die ,,Parlamente“ entsenden, von denen sie meinen, dass es die richtigen dafür sind. Hier ist aber nicht nur Positives zu verzeichnen gewesen. Als Beispiel fällt mir hierzu ein, dass von damals 29 Gemeinden der 3 ehemaligen Verwaltungsgemeinschaften Erxleben, Flechtingen und Weferlingen 18 für einen gemeinsamen Sitz in Weferlingen gestimmt haben, es dann aber letztlich durch Intervention des Landes so kam, dass Flechtingen diesen Zuschlag erhielt – Demokratie geht anders. Aber wie so oft steht auch hier unter dem Strich deutlich mehr Gutes als Schlechtes.

3. Wie wichtig ist für die Gestaltung der Zukunft in den Städten und Dörfern, auch auf die Historie zu schauen und damit auch Traditionen zu bewahren?

Die Menschen vor Ort lieben ihre Heimat, weil diese sich von anderen Regionen abhebt. Nur wenn man dieses liebenswert Ortstypische seitens der Kommunalpolitiker zu erhalten, zu pflegen und zu verbessern sucht, kann man seiner Uraufgabe nachkommen, nämlich ständig für ein sicheres und schönes Lebensumfeld der Bürgerinnen und Bürger zu kämpfen. Dies kann nur gelingen, wenn man seine Geschichte kennt und das Schützenswürdige sichert. Es gibt kleinere Orte, die die Traditionspflege wie die Luft zum Atmen brauchen, weil durch Zentralisierung und Urbanisierung viele Dinge wegzubrechen drohen, die den Reiz des Örtlichen ausmachen.

4. Welche Traditionen, ob persönlich oder für die Stadt, sind Ihnen besonders wichtig?

,,Tradition“ unterscheidet sich von ,,Erbe“ durch die Tatsache, dass bei ersterer nur das erhalten und gepflegt wird, was akzeptiert wird und gut ist. Mit dem ,,Erbe“ des Nationalsozialismus müssen wir leben und klar kommen, verurteilen ihn aber aus tiefstem Herzen. Daher sind alle Traditionen (Martinsumzüge, Schützenfeste, Sportturniere, Weihnachtsmärkte, Kindertagsfeiern und vieles mehr) wichtig, hier sollte man keine Wertigkeit aufstellen.