Trauer ANZEIGE

Widersprüchlich, schmerzhaft lähmend: Trauer ist ein komplizierter Prozess

Ratgeber im Trauerfall

Widersprüchlich, schmerzhaft lähmend: Trauer ist ein komplizierter Prozess

Foto: stock.adobe.com

„Gerade hatte ich an der Tür den Nachbarn wieder davon geschickt, da sackte ich in meinen Sessel zurück und dachte bei mir: Was hast du nur gemacht ? Eigentlich sehnst Du dich nach Besuch, und dann schickst du den Besucher doch glatt einfach weg!“So berichtete vor etlichen Jahren ein älterer Herr in der Runde Trauernder. Seine Frau war verstorben. Die Wochen gingen dahin. Er spürte mehr und mehr die Stille und Einsamkeit im Haus. Sich selbst auf den Weg zu machen, Kontakte wieder aufzunehmen, dafür reichte die Kraft nicht. Und jetzt, als jemand an der Tür stand, hatte er ihn abgewiesen.Das ist doch ziemlich verrückt. In der Trauer geht nichts nach Plan. Es gibt keinen festen Ablauf. Es gibt keine strikten Regeln und für die wenigsten gibt es in der Trauer einen geraden Weg. Trauer ist eben auch eine Zeit mit Kontrollverlust, mit Veränderungen und Herausforderungen, die ich gar nicht will, mit Gefühlswelten, die mich mir selbst fremd erscheinen lassen und erst recht gegenüber manchen anderen. Was eben noch gut schien, möchte ich jetzt verwerfen. Was eben noch bedeutungslos schien, ist jetzt auf einmal wichtig.Manchmal lassen einen die Fragen nach einem Schuldigen nicht in Ruhe. Manchmal gehen immer dieselben Erinnerungen durch den Kopf. Die eine Szene, das feste Bild. Manchmal soll alles so bleiben, wie es ist, weil sich jede Veränderung anfühlt, als reißt sie einem den Boden weg. Ja, es ist ein mühsamer Weg, Sinn zu suchen für das Unbegreifliche, Sinn zu suchen für das eigene Leben mit dieser Trauer. Gerade dann, wenn es nicht weitergeht, ist es wichtig, Kontakt zu suchen, durch Hilfe von außen einen Schritt weiter zu kommen. Niemand nimmt einem die Trauer ab oder nimmt sie einem weg. Es gibt nicht denen einen Knopf, um die Trauer abzustellen. Aber es gibt die vielen Schritte, mit denen sich die Macht der Trauer langsam anders anfühlt.„ …und dann habe ich gemerkt: Das eben ist mir gelungen. Das habe ich geschafft, und dann habe ich mich auch getraut, den nächsten Schritt zu versuchen. Es geht nur in kleinen Schritten. Aber die ersten Erfolge haben mir Mut gemacht.“So erzählte in der Abschlussrunde ein Zwölfjähriger im Kreis der trauernden Kinder, die beim Klettertag dabei waren. Er hat erfahren dürfen, dass andere auch auf ihre Weise trauern. Er hat entdecken können: Ich muss mich nicht verstecken mit meiner Unsicherheit, meinem komischen Gefühl. Er hat erlebt: Ich bin akzeptiert wie ich bin. Und er hat entdeckt, dass er sich Neues zutrauen kann.„Am schlimmsten ist es eigentlich am Sonntag. Da gehe ich nicht einkaufen. Da ist kein Arzttermin. Da treffe ich niemanden und gehe einfach nur zum Friedhof“, sagt eine Frau, die zu jenem Kreis gehört, der sich regelmäßig an einem Sonntagmittag zum Kochen trifft. Selber etwas tun, Gemeinschaft mitgestalten, Aufgaben übernehmen und seinen Platz finden, das sind hilfreiche Erfahrungen geworden.„Im Trauernetzwerk Stendal bieten wir verschiedensten Situationen von Trauer eine Anlaufstelle. Manches klärt sich im Einzelgespräch, andere suchen eine Gruppe, Kinder brauchen anderes als Erwachsene, trauernde Eltern einen anderen Zugang als Trauernde nach Suizid“, sagt Ulrich Paulsen vom Trauernetzwerk Stendal.Er lädt alle Betroffenen ein, mit ihm und den anderen Mitgliedern in Kontakt zu treten, um gemeinsam das Unterträgliche ertragen zu können. Text-Autor: Ulrich Paulsen, Johanniter-Krankenhaus Genthin-Stendal gGmbH

##publishingDate##

Trauernetzwerk:

Wir bieten Gruppen für Eltern, für Kinder, für Erwachsene, die von Trauer betroffen sind.
Wir bieten Einzelkontakt, Kinderklettertage, Trauernde-Kochen u.a.
Kontakt über Tel. 03931/218338