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Stabile Wirtschaftslage durch guten Branchenmix

Wirtschaftskraft im Harz

Stabile Wirtschaftslage durch guten Branchenmix

Heike Schittko, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Halberstadt. Foto: Marco Heide

Frau Schittko, wie ist aus Ihrer Sicht der Arbeitsmarkt im Harzkreis bisher durch die Corona-Krise gekommen?Der Arbeitsmarkt war in den ersten Monaten der Krise einer der am stärksten betroffenen im ganzen Land Sachsen-Anhalt. Die Ursachen dafür sind vielfältig.Unser Landkreis ist eine Tourismusregion und ein Zentrum der Automobilzuliefererindustrie. Die pandemiebedingten Einschränkungen, national wie international, trafen die damit in Verbindung stehenden Unternehmen hart. In der Automobilzuliefererindustrie zeigten sich die ersten Auswirkungen der Mobilitätswende bereits im IV. Quartal 2019.Die Zahl der Arbeitslosmeldungen stieg im März und April 2020, im Zuständigkeitsbereich der Agentur für Arbeit Halberstadt deutlich.Die Möglichkeiten der Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld verhinderte Schlimmeres. Dazu nur wenige Zahlen: Hochrechnungen über die tatsächlich realisierte Kurzarbeit zeigen, dass es im März 6 667 Kurzarbeiter in 1 041 Betrieben und im April 13 745 Kurzarbeiter in 1 831 Betrieben des Landkreises Harz gab.Die Wirtschaftsstruktur im Landkreis Harz ist, in diesem Fall zum Glück, heterogen strukturiert. Der Branchenmix und die vielen klein- und mittelständischen Unternehmen haben viele positive Seiten in einer Krisensituation, sodass auch viele Unternehmen bisher gut durch die Krise gekommen sind. 

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Heike Schittko, Vorsitzende der Arbeitsagentur Halberstadt, über die Auswirkung der Corona-Krise

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Heike Schittko, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Halberstadt. Foto: Marco Heide

Wie lange wird es aus Ihrer Sicht dauern, bis der Arbeitsmarkt im Harzkreis wieder sein Vor-Corona-Niveau erreicht?

Für eine sichere Prognose ist es noch zu früh. Die Zahl der Kurzarbeiter ging seit Juni im Landkreis Harz deutlich zurück. Im Zuständigkeitsbereich der Agentur für Arbeit Halberstadt liegt die Zahl der arbeitslos gemeldeten Personen aktuell noch rund 60 Prozent über dem entsprechenden Vorjahresmonat.

Für die Zeit bis zum Jahresende und gegebenenfalls darüber hinaus, wird die Entwicklung des Pandemiegeschehens, mit seinen möglichen Auswirkungen auf die verschiedensten Branchen entscheidend sein. Aber auch die Entwicklungen in der Automobilindustrie sind noch nicht wirklich klar abschätzbar. Inwieweit die Finanzdecke gerade kleinerer Unternehmen ausreicht, um die kommenden Monate zu überstehen, kann ich aktuell nicht einschätzen.

Wie kann die Erholung beschleunigt werden?

Hier wäre aus meiner Sicht noch Raum, um die Zeit der Kurzarbeit mit notwendigen Qualifizierungen von Beschäftigten sinnvoll zu untersetzen.

Ich möchte auch auf diesem Wege den UnternehmerInnen und Beschäftigten unserer Region die Inanspruchnahme unserer Beratungsangebote ans Herz legen.

Wo sehen Sie die Stärken des Arbeitsmarktes im Harzkreis? Wo sehen Sie Schwächen?

Eine Stärke hatte ich bereits benannt. Branchenmix und überwiegend klein- und mittelständische Unternehmen. Aber auch die starke Innovationskraft einzelner Branchen und die regionale Verbundenheit ist ein Trumpf der Harzregion.
 

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Wer noch nicht weiß, welche Ausbildungsberufe der Studienfelder zu ihm passen, kann das Erkundungstool unter www.check-u.de nutzen. Foto: stock.adobe.com

Hatte die Corona-Krise Auswirkungen auf den Ausbildungssektor?

An dieser Stelle kann ich den Unternehmen der Harzregion nur meine absolute Hochachtung zollen. Kaum ein Unternehmen hat seine Ausbildungsbereitschaft während der Krise zurückgenommen und viele junge Menschen haben eine Ausbildung in unserem Landkreis aufnehmen können.

Allerdings mussten sowohl die zuständigen Mitarbeitenden in den Unternehmen, aber auch die Berufsberater und Berufsberaterinnen der Agentur für Arbeit viel Zeit und Kreativität aufwenden, um mit den Jugendlichen während der Zeit der Schulschließungen in Kontakt zu kommen.

Müssen sich Schüler, die im kommenden Jahr ihren Abschluss ablegen und eine Ausbildung beginnen möchten, Gedanken machen, dass es weniger Lehrstellen durch die Krise gibt?

Aus meiner Sicht besteht für solche Sorgen kein Grund. Ich möchte aber die Schülerinnen und Schüler und deren Eltern bitten, die kommenden Monate zu nutzen, um sich mehr Informationen über die Inhalte und Anforderungen der verschiedenen Ausbildungsberufe anzueignen. Ein Gespräch mit den Berufsberatern kann Orientierung geben und danach folgende Praktika in den Unternehmen zeigen einen guten Blick in die Berufspraxis. Wir helfen selbstverständlich bei der Suche nach Praktikumsstellen, dafür haben wir „Praktikalotsen“.

Wie können sich die künftigen Schulabgänger, die noch nicht wissen, was sie nach ihrem Abschluss machen wollen, bei der Arbeitsagentur informieren?

Wir informieren die Jugendlichen über alle Möglichkeiten der Ausbildungs- und Studienplatzsuche, über die unterschiedlichen Ausbildungswege und Studienangebote in der Region und auch darüber hinaus. Dabei haben die Schülerinnen und Schüler die Wahl zwischen einer persönlichen Beratung in der Agentur oder in der Schule. Ebenso beraten die Berufsberater am Telefon oder neu in einem persönlichen Videogespräch.

● Ein Termin kann unter der gebührenfreien Hotline (0 800) 4 5555 00, in der Schule oder online unter www.arbeitsagentur.de auf „Meine eServices“ > Berufsberatung vereinbart werden.

● Wer noch nicht weiß, welche Ausbildungsberufe oder Studienfelder zu ihm passen, kann unser Erkundungstool unter www.check-u.de nutzen. Anhand ihrer Interessen und Stärken erhalten die Schülerinnen und Schüler eine erste Übersicht über Ausbildungsberufe und Studienfelder, die für sie geeignet sein könnten.

Im Landesvergleich hat der Harzkreis mit sechs Prozent, vor der Pandemie war die Quote unter fünf Prozent, eine geringe Erwerbslosenquote. Welche Gründe sehen Sie dafür, dass der Arbeitsmarkt im Vergleich zu anderen Regionen in Sachsen-Anhalt so stark ist?

Da kann ich zum einen auf meine vorangegangenen Ausführungen zur Struktur der Wirtschaft im Harzkreis verweisen. Die Wirtschaftskraft des Landkreises Harz hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Viele Unternehmen suchten bis zur Krise und tun das auch aktuell wieder in zunehmendem Maße, Fachkräfte. Nicht vergessen werden darf aber auch, der deutliche Einfluss der demografischen Entwicklungen in unserem Landkreis beziehungsweise in Sachsen-Anhalt insgesamt.

Es gehen schon seit einigen Jahren mehr Beschäftige in den Ruhestand, als junge Menschen für die Ausbildungsbedarfe der Unternehmen nachwachsen.

Einwohner des Harzkreises fanden und finden nicht nur am Wohnort Beschäftigung. Die direkte Nachbarschaft zu Niedersachsen oder auch die Nähe zur Landeshauptstadt, mit den dort vorhandenen Beschäftigungsmöglichkeiten, darf nicht außer Acht gelassen werden.

Aus unserem Landkreis pendeln aktuell zirka 22 100 Personen, mehrheitlich täglich, in andere Regionen. Die gute Verkehrsanbindung über die A 36 trägt dazu bei.
 

Bundesagentur für Arbeit Halberstadt, lokale Hotline 0 39 41/40 880