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Was das Herz begehrt

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Was das Herz begehrt

Von Irene Habich und Janette Beck Atemnot, Brustenge, Schmerzen – schon die Vorstellung, einen Herzinfarkt zu bekommen, macht vielen Menschen Angst. Dabei muss er längst nicht immer tödlich ausgehen: Mehr als 200 000 Deutsche erleiden ihn pro Jahr, und mehr als drei Viertel davon überleben. Der Herzinfarkt wird als Todesursache immer seltener – dank neuer Behandlungsmethoden und Prävention. „In Deutschland steigt die Lebenserwartung alle 20 Jahre im Durchschnitt um fünf Jahre an. Das ist zur Hälfte auf die gute Behandlung und Prävention von Herz-Kreislauf-Krankheiten zurückzuführen“, sagt Philipp Wild. Der Professor forscht als Spezialist für präventive Kardiologie am Universitätsklinikum Mainz und ist Mitglied im staatlich finanzierten Forschungsverbund DZHK (Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung).

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Immer weniger Herzinfarkte enden tödlich. Ein Grund ist, dass es immer besser gelingt, hohen Blutdruck zu senken. Foto: Robert Kneschk

Tödliche Herzinfarkte werden aufgrund besserer Behandlungsmethoden und Vorbeugemaßnahmen immer weniger – und auch die Nichtrauchergesetze tragen dazu bei. Sterblichkeitsrate in Sachsen-Anhalt bundesweit nach wie vor am höchsten.

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Stents verhindern Gefäßverengung

Bei Herzinfarktpatienten sind zuvor wichtige Arterien des Herzens durch Ablagerungen in der Gefäßwand verengt, man spricht auch von einer Arteriosklerose der Herzkranzgefäße. Zum Infarkt kommt es, wenn sich die Gefäße – meist durch ein Gerinnsel – ganz verschließen und das Herz nicht mehr durchblutet wird.

Dass es immer weniger schwere Infarkte mit tödlichen Folgen gebe, habe mehrere Gründe, sagt Wild: „Es liegt zum einen daran, dass es immer besser gelingt, hohen Blutdruck zu senken.“ Unbehandelt schädigt der auf Dauer die Gefäße und begünstigt ihre Verstopfung, wodurch das Herzinfarktrisiko steigt. Durch die Nichtrauchergesetze würden laut Wild zudem immer mehr Menschen auf das Rauchen verzichten, das ebenfalls die Gefäße verengt, so dass ein weiterer Risikofaktor entfällt.

"Die Gründe für die hohe Sterblichkeitsrate in Sachsen-Anhalt liegt in einer Anhäufung von Risikofaktoren aus Lebensgewohnheiten und täglichen Problemen.

Professor Rafael Mikolaiczyk, Leiter des regionalen Herzinfarkt-Registers am Uniklinikum in Halle

Nicht zuletzt habe es Fortschritte bei der Therapie der Gefäßverengung gegeben, die dem Herzinfarkt vorausgeht, führt der Kardiologe weiter aus. Um zu verhindern, dass sich die Arterien verschließen, werden seit Jahren winzige Röhrchen, sogenannte Stents, in die Gefäße eingesetzt, die verengte Stellen offen halten. Die Lösung ist nicht perfekt, denn die Stents können sich verschieben oder nach einiger Zeit verstopfen. „Dank der neuesten Technik funktioniert die Therapie mit Stents aber immer besser“, sagt Herzexperte Wild.

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Foto: Getty Images / Istockphoto

Denn moderne Geräte liefern immer besser aufgelöste Bilder aus dem Inneren der Gefäße. Ärzte können so erkennen, welche Art von Stent am besten passt, wie sie diesen perfekt platzieren und mit welchen Medikamenten sie den Patienten zusätzlich behandeln sollten.

Sachsen-Anhalt nimmt die Volkskrankheit in Angriff

Alte und neue Risikofaktoren sorgen trotzdem weiter dafür, dass Herz-Kreislauf-Leiden eine Volkskrankheit bleiben. Trotz eines leichten Rückgangs im Vergleich zu den Vorjahren verzeichnet Sachsen-Anhalt mit 295 Herztoten pro 100 000 Einwohner bundesweit nach wie vor die höchste Sterblichkeitsrate durch Herzerkrankungen. Ein Infarkt ist dabei die Todesursache Nummer eins. Daran starben 75 Menschen pro 100 000 Einwohner (2016). Damit liegt Sachsen-Anhalt ebenso weit über dem Bundesschnitt.

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Die Gründe dafür werden in einer „Anhäufung von Risikofaktoren aus Lebensgewohnheiten und alltäglichen Problemen der Menschen in Sachsen-Anhalt“ gesehen. Professor Rafael Mikolajczyk, Leiter des regionalen Herzinfarkt-Registers Sachsen-Anhalt am Uniklinikum Halle führt zudem aus: „In den neuen Bundesländern sind und waren viele Menschen lange arbeitslos. Leider geht das häufig auch mit dem Anstieg von Risikofaktoren einher.“

Das Land versucht unter anderem mit eigenen Programmen gegenzusteuern. Dabei geht es zum Beispiel um mehr Informationen über Lebensstil-Risiken wie Rauchen, Bewegungsmangel und Übergewicht. Zudem wurde 2018 die Aufklärungs-Kampagne „Herzwoche Sachsen-Anhalt“ gestartet. Diese erfährt vom 17. bis 22. Juni in Kooperation mit der Deutschen Herzstiftung eine Neuauflage. Schwerpunkt diesmal: Reanimation.

Diabetes begünstigt schädliche Ablagerungen

Zudem leiden immer mehr Menschen an Diabetes Typ 2, was die Arteriosklerose, die Verengung der Gefäße durch Ablagerungen, begünstigen kann. Die Stoffwechselstörung wiederum ist oft die Folge von Bewegungsmangel und schlechter Ernährung. „Das Übergewicht an sich ist dabei nicht das Problem, man kann auch mit einem hohen Körpergewicht gesund sein. Gefährlich ist aber eine ungünstige Fettverteilung, bei der es zur Fettansammlung zwischen den Organen kommt“, sagt Professor Wild.

Zur Vorbeugung von HerzKreislauf-Krankheiten könnten in Zukunft passgenaue Sport- und Bewegungsprogramme dienen. Daran werde geforscht. Das ideale Training werde sich dann nicht nur danach richten, wie alt jemand ist, wie gesund, ob Mann oder Frau , sondern auch danach, was genau er damit bewirken will: „Manche Trainingsintensitäten sind zum Beispiel ideal, um den Blutzuckerspiegel zu senken, mit anderen lässt sich das Herz-Kreislauf-System besser trainieren.“

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Seelische Gesundheit hat Einfluss

Eine weitere wichtige Ursache für Herzinfarkte bleibt zudem Stress in Beruf und Alltag. Um stressbedingte Herzinfarkte zu verhindern, arbeitet Wild mit Experten zusammen, die am Deutschen Resilienzzentrum in Mainz die seelische Gesundheit erforschen. Schlecht für die Gesundheit sei es nicht in erster Linie, viel zu arbeiten, sagt der Kardiologe: „Problematisch ist es, wenn man ständig das Gefühl hat, unter Druck zu stehen und seinen eigenen Ansprüchen nicht gerecht zu werden.“ Besonders anstrengend sei die Doppelbelastung durch Beruf und Familie, die meist Frauen betrifft.

Stress fange heute aber schon in jungen Jahren an und sei zum Teil selbst gemacht. Gerade junge Leute, die in das Internetzeitalter hineingeboren wurden, hätten oft „völlig überzogene Erwartungen an sich selbst und das Leben“, meint Wild. Das schade langfristig der Gesundheit: „Zu einem Herzinfarkt kommt es ja nicht von heute auf morgen, er hat eine Vorgeschichte von 20 bis 30 Jahren.“

Professor Rüdiger Christian Braun-Dullaeus, Direktor der Universitätsklinik für Kardiologie und Angiologie in Magdeburg, sieht mit Blick auf die Arbeitswelt auch die Landesregierung in der Pflicht, für gute Ausbildungsplätze und Arbeit zu sorgen: „Wer nicht weiß, ob er nächstes Jahr noch Arbeit hat oder die Rente zum Leben reichen wird, dem kann man nicht erzählen, dass er mit dem Rauchen aufhören soll.“ Die Erfahrung habe gezeigt: Bei wem sich die Sorgen im Alltag minimieren, der habe auch den Kopf dafür frei, morgens joggen zu gehen und mittags gesundes Gemüse zu kaufen.

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Herztote pro 100 000 Einwohner – mit dieser Sterblichkeitsrate nimmt Sachsen-Anhalt unter allen deutschen Bundesländern den Spitzenplatz ein.

Zukunftstherapien

Rauchen, Bewegungsmangel, Stress und die falsche Ernährung erhöhen statistisch gesehen das Risiko für Herz-Kreislauf-Leiden. Aber: Trotz ungesunder Lebensweise erreichen viele Menschen ein hohes Alter. Andere erkranken, obwohl sie immer auf sich geachtet haben. Schuld sind unsere Gene, die uns anfälliger für Krankheiten machen – oder uns vor ihnen schützen. Welche es im Einzelfall sind, ist nicht immer bekannt. Deshalb versuchen Wissenschaftler, mehr darüber herauszufinden.

In riesigen Biobanken werden heute weltweit Blut-, Gewebe- und Speichelproben von Patienten gelagert, die es möglich machen, ihr Erbgut zu analysieren. Computerprogramme suchen nach Zusammenhängen zwischen der Krankheitsgeschichte und der Ausprägung bestimmter Gene.

Gentests sollen eines Tages nicht nur verraten können, wie hoch das Herzinfarktrisiko eines Patienten ist – sondern auch, mit welcher Behandlung man ihn am besten davor schützen kann. Man spricht auch von der individualisierten Medizin. Wie bei vielen anderen Bereichen spielt sie bei der Forschung zu neuen Therapien für Herz-Kreislauf-Krankheiten eine entscheidende Rolle. Mediziner hoffen, mit Medikamenten diejenigen schützen zu können, die nicht von einer ungesunden Lebensweise loskommen.

Die individualisierte Medizin wirft viele ethische Fragen auf. So will nicht jeder sein Risiko für gefährliche Krankheiten kennen – erst recht nicht, bevor eine wirksame Therapie zur Verfügung steht. Gleichzeitig sind Erbgutanalysen höchst persönliche Informationen, die gut geschützt werden müssen.

Zahl der Herz-OPs im Alter steigt

Deutschen über 80 werden mehr Schrittmacher und Stents eingesetzt als in anderen europäischen Ländern.

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Ab in den OP: Immer mehr Senioren unterziehen sich einem Eingriff am Herzen. Foto: Felix Kästle/dpa

In Deutschland gibt es deutlich mehr Herzoperationen bei hochbetagten Menschen als früher. Warum ist das so? Wie der Deutsche Herzbericht 2018 belegt, ist die Zahl der Herzoperationen bei betagten Patienten über 80 seit dem Jahr 2000 deutlich gestiegen. Und zwar so stark, dass sich dieser Zuwachs allein mit der alternden Bevölkerung nicht erklären lässt.

Gab es im Jahr 2000 in Deutschland rund 4225 Herzoperationen bei Senioren der Generation 80 plus, waren es nach der jüngsten Zahl für das Jahr 2017 bereits 16 242.

Kritiker fragen nun, ob Krankenhäuser Geld mit Operationen verdienen, die alte Menschen vielleicht nicht brauchen. Dietrich Andresen, Vorsitzender der Deutschen Herzstiftung, meint, es sei etwas daran, dass in Deutschland jenseits der 80 zum Beispiel mehr Schrittmacher und Stents eingesetzt würden als in anderen europäischen Ländern. „Es wird aber nicht zu viel operiert“, betont Andresen. Einen wesentlichen Effekt auf die steigenden Operationszahlen im Alter hat seiner Ansicht nach die Narkose. Sie könne heute deutlich schonender ablaufen als vor 20 Jahren.

Ein 80-Jähriger sei damit weniger gefährdet, durch die Beatmung später Lungen- oder Nierenschäden zu riskieren. Dazu kämen neue OP-Methoden. Der Brustkorb muss nicht mehr geöffnet werden.

Auch Wolfgang Harringer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie, führt die gestiegenen OP-Zahlen auf bessere Bedingungen für die Patienten zurück: Herzklappenersatz oder Reparatur – das seien früher Eingriffe von drei bis vier Stunden am offenen Herzen gewesen, dazu Narkose und Nachsorge auf der Intensivstation.

Heute dauere ein Eingriff rund 60 Minuten. Die OP werde über die Leistenarterie oder -vene ausgeführt. Eine Vollnarkose erfolge nur noch auf Wunsch. Darüber hinaus erholten sich die heute über 80-Jährigen aus Harringers Sicht besser von einer OP, weil sie insgesamt fitter und aktiver seien als so manch Jüngerer.

60

Minuten dauert heute im Schnitt eine OP am offenen Herzen.

Aus der Praxis: Aufs Bauchgefühl hören

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Dr. Falk Stirkat ist Notfall- und Allgemeinmediziner in Erlangen

Plötzlich auftretende Magenschmerzen schüren die Angst, dass es etwas Schlimmes sein könnte. Vielen ist in einer solchen Situation gar nicht bewusst, dass Schmerzen nicht unbedingt physischen Ursprungs sein müssen.

Das Zusammenspiel von Magen und Darm sowie der Verdauung bildet im Körper ein sensibles System. Unsere Nerven, Organe und die Muskulatur müssen demnach exakt zusammenarbeiten, damit alle Vorgänge problemlos ablaufen können.

Es ist also nicht zwingend das schwere oder verdorbene Essen, das uns auf den Magen schlägt. Stress und psychische Belastungen können enormen Einfluss auf den Körper haben.

Stress hat enormen Einfluss auf den Körper

Haben wir Stress oder starke psychische Belastungen, leidet oft auch unser Magen: Übelkeit, Blähungen und starke Bauchschmerzen. Ursächlich dafür sind zum Beispiel falsche Signale im Verdauungsablauf, die in manchen Fällen dafür sorgen, dass die Muskeln im Verdauungstrakt nicht mehr richtig arbeiten. Als Folge wird Nahrung zu schnell transportiert, so dass als Konsequenz belastende Krämpfe entstehen.

Was hilft? Die Lösung ist eigentlich einfach: Stress vermeiden! Das ist zwar leichter gesagt als getan, aber nicht umsonst gibt es das Sprichwort, man solle auf sein Bauchgefühl hören. Achtsamkeit für den eigenen Körper ist eine Grundregel, um dem Alltagsstress gewachsen zu sein. Anfangen sollte man mit langsamen Änderungen im Alltag, die psychisch entlasten. Auch Entspannungsübungen helfen, Körper und Geist in Einklang zu bringen.

Blogger und Autor des Bestsellers „Ich kam, sah und intubierte“. Er entwickelte den Podcast „DocPod – der Podcast“.

Forschung: Entdeckung von 2000 neuen Bakterienarten

Forscher des Europäischen Laboratoriums für Molekularbiologie und des britischen Wellcome Trust Sanger Institute entdeckten fast 2000 bisher unbekannte Bakterien im menschlichen Darm. Dafür analysierten sie das Erbgut von Bakterienarten in weltweit mehr als 13 000 Stuhlproben. Bei der Erforschung der bisher schwer nachweisbaren Bakterien half eine neue Computersoftware, die das Erbgut der Bakterien identifizieren kann.

Essen Sie sich gesund: So verführt man Gemüsemuffel

Das Himmel-und-Erde-Gratin steckt voller Vitamine, Ballaststoffe und köstlicher Aromen – und lässt sich gut zu- und vorbereiten.

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Foto: Stiftung Warentest

Gesund und schlank durch den Tag – das muss nicht unbedingt aufwendig sein. Dieses Himmel-und-Erde-Gratin können Sie wunderbar und vor allem schnell vorbereiten. Ideal ist es, wenn Sie eine Timer-Funktion im Ofen haben. Dann ist der Auflauf sogar schon fertig, wenn Sie nach Hause kommen. Die Äpfel machen das Gratin schön saftig und ballaststoffreich, der Bergkäse macht es besonders aromatisch. Aufläufe eignen sich generell hervorragend, um viel Gemüse zu verstecken: Gut gewürzt und mit Käse überbacken schmeckt das allen am Tisch – und auch größere Portionen sind im Nu zubereitet. Lassen Sie Ihrer Fantasie freien Lauf: Auch Süßkartoffeln, Pastinaken, Rote Bete, Brokkoli oder Kürbis schmecken toll aus dem Ofen.

Zutaten Gratin

Für vier Portionen
2 große Äpfel
800 g Kartoffeln (festkochend)
400 ml Milch
Muskatnuss
Salz, Pfeffer
100 g geriebener Allgäuer Bergkäse (min d. 45 Prozent Fett)
Fett für die Form
Auflaufform (22x30 cm groß)

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Das Rezept ist aus: Dagmar von Cramm: „Familie in Form vegetarisch“, Stiftung Warentest.Das Rezept ist aus: Dagmar von Cramm: „Familie in Form vegetarisch“, Stiftung Warentest.