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Wenn Stress krank macht

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Wenn Stress krank macht

Von Carolin Burchardt und Janette Beck  Warnsignale wahrnehmenDie Anzeichen sind deutlich: Wer merkt, dass er am Wochenende nicht mehr abschalten kann, nach dem Wochenende nicht erholt ist oder gar nach einem längerem Urlaub immer noch auf dem Zahnfleisch kriecht, der ist mitunter schon ziemlich tief gefangen in der Stressspirale. Hinzu kommen Symptome wie Schlafstörungen, Gereiztheit, häufige körperliche Infekte oder Rückenschmerzen. „All das sind Warnsignale für chronischen Stress“, sagt Psychiaterin und Psychotherapeutin Iris Hauth. Sie ist Ärztliche Direktorin und Geschäftsführerin des Alexianer St. Joseph Krankenhaus in Berlin Weißensee und hat regelmäßig mit Patienten zu tun, die all diese Symptome in sich vereinen. Die Auslöser sind vielfältig: Als einen Punkt nennt sie die kontinuierliche Veränderung der Arbeitswelt durch die „Globalisierung und die Digitalisierung“. In Studien wie dem Stressreport der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (2012) oder der Stressstudie der Techniker Krankenkasse (2016) seien gravierende Belastungsfaktoren in diesem Bereich ausgemacht worden: zunehmendes Multitasking, die steigende Termin- und Leistungsdichte, nicht eingehaltene Pausen, zu wenig Lob und Gefühle der Ohnmacht am Arbeitsplatz durch unsichere Arbeitsverhältnisse. „Die psychosoziale Belastung hat zugenommen und wird auch so erlebt“, bestätigt Hauth.

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RND-ILLUSTRATION: PATAN

Viele Menschen plagt eine permanente innere Unruhe, sie fühlen sich völlig ausgebrannt. Die äußeren Umstände für diesen Zustand sind vielfältig, entscheidend aber ist die innere Haltung

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Gestützt werden diese Forschungsergebnisse durch nackte Zahlen: Psychische Erkrankungen stehen an zweiter Stelle bei den Krankschreibungen und sogar an erster Stelle bei der Frühberentung: „Das ist volkswirtschaftlich gesehen, aber natürlich auch für die Betroffenen im Einzelnen, ein Riesenleid“, sagt Hauth. Auch in Sachsen Anhalt sind psychische Erkrankungen ein weit verbreitetes Krankheitsbild im Arbeitsalltag. „Seit dem Jahr 2000 bis heute sind die Fehltage durch psychisches Leiden in Sachsen-Anhalt um 172 Prozent gestiegen“, sagt Rodrigo Rivera Luna, Chefarzt der Psychiatrischen Tagesklinik Staßfurt.

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Prozent aller Kranken-Fehltage von Arbeitnehmern in Sachsen-Anhalt im Jahr 2017 waren auf psychische Erkrankungen wie Burn-out zurückzuführen. (jb)

Und: „Psychische Erkrankungen sind auch die Hauptursache für eine frühzeitige Erwerbsunfähigkeit.“ Er beobachtet zwar, dass sich die gesellschaftliche Akzeptanz im Laufe der Jahre gewandelt hat und über Depression häufiger gesprochen werde. „Dennoch fällt es den Patienten weiterhin schwerer, über ihre Depression zu sprechen als über körperliche Erkrankungen.“

Ein Begriff, der sich in dem Zusammenhang etabliert hat, von Psychiatern wie dem Vorstandsvorsitzenden der Stiftung Deutsche Depressionshilfe Professor Ulrich Hegerl aber als „irreführend“ bezeichnet wird, ist der Burn-out. Er umschreibt ein Gefühl der totalen Erschöpfung, ist aber nicht als offizielle Krankheit im ICD-Index anerkannt. Als irreführend gilt der Begriff, weil sich laut Hegerl dahinter sowohl Menschen mit Erkrankungen wie Depressionen als auch solche, die einfach zu viel gearbeitet haben, „verstecken“.

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Das verleite zu falschen Behandlungsmethoden, die wie im Beispiel einer chronischen Überlastung und einer Depression nahezu konträr seien, sagt Hegerl: „Wer einfach sehr erschöpft ist, dem wird unter anderem zu Urlaub und längeren Ruhezeiten geraten. Bei einem depressiv Erkrankten, der krankheitsbedingt immer auch unter Erschöpfung leidet, ist diese Empfehlung mitunter fatal und verstärkt die Depression sogar noch. Schlafentzug ist ja eine bestens belegte Behandlung bei Depression.“

Eine weitere Gefahr des Burn-out-Begriff s, da sind sich Hauth und Hegerl einig, liege in der Verstärkung des Stigmas der Depression, frei nach dem Motto: „Wer etwas leistet, der bekommt einen Burn-out, und Depressionen sind nur etwas für Loser“, mahnt Hauth.

„Äußere Belastungsfaktoren spielen eine viel geringere Rolle.“

Prof. Ulrich Hegerl, Psychiate„*

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Der Mangel an Lob und Anerkennung macht krank

Hegerl kritisiert, dass viele Menschen immer noch glaubten, dass die Depression vor allem von äußeren Belastungsfaktoren abhänge: „Diese spielen eine viel geringere Rolle, als angenommen. Entscheidend ist die Veranlagung.“ Einziger Vorteil des Modebegriffs Burn-out sei aus seiner Sicht, „dass sich depressiv erkrankte Menschen hinter diesem Label vielleicht eher trauen, Hilfe zu holen“.

Hauth umschreibt den Burnout als Risikozustand, aus dem sich Depressionen, Angststörungen und Abhängigkeitserkrankungen ergeben könnten. In einer ihrer Einrichtung angeschlossenen Burn-out-Tagesklinik würden sich daher auch nicht in erster Linie Depressive einfinden, sondern vielmehr Menschen mit einem geringen Selbstwertgefühl, die sich vor allem durch Leistung definieren und auf Lob aus sind.

Medizinsoziologen sprechen von einer Gratifi kationskrise. Aus dem Mangel an Lob und Wertschätzung im Job heraus werde immer noch mehr gearbeitet, sich geradezu aufgeopfert, fasst es Hauth zusammen. Werde dann noch die Sinnhaftigkeit des eigenen Tuns infrage gestellt, käme ein Kontrollverlust hinzu. Und werde die Selbstwirksamkeit nicht mehr wahrgenommen, münde dies in chronischen Stress. Damit gehe eine zu hohe Cortisolausschüttung einher, die wiederum ein Risikofaktor für Depressionen und weitere chronische Erkrankungen sei.

Die gesellschaftliche Akzeptanz hat sich im Laufe der Jahre gewandelt. Dennoch fällt es den Patienten weiterhin schwerer, über ihre Depression zu sprechen als über körperliche Erkrankungen.

Rodrigo Rivera Luna
Chefarzt der Psychiatrischen Tagesklinik am Ameos-Klinikum Staßfurt

Immer mehr Studierende suchen Beratung auf

Auch bei Studierenden ist der Leistungsdruck extrem hoch. Folge des permanenten Stresses sind krankhafte Störungen. So klagten 2018 nach Angaben der Psychosozialen Studierendenberatung am Hochschulstandort Magdeburg 77,7 Prozent der Einzelberatungsklienten über depressive Symptome, 55,5 Prozent litten unter Ängsten, 75,5 Prozent hatten psychosomatische Beschwerden wie Schlafstörungen, Kopf- oder Rückenschmerzen.

Seit 2004 hat sich die Zahl der Studierenden, die die Einzelberatung in Anspruch genommen haben, von 80 auf 452 Klienten (2018) mehr als verfünffacht. Knapp 58 Prozent bekamen im Vorjahr die Empfehlung für eine ambulante Psychotherapie. Gerade leistungsorientierte Studierende sind besonders gefährdet. Rehabilitationspsychologin Juliane Haase erklärt das scheinbare Paradoxon so: „Sie sind schon seit der Schulzeit daran gewöhnt, ihr Selbstwertgefühl überwiegend durch gute Noten zu stabilisieren. Manche berichten, dass ihnen bisher immer ‚alles zugefallen‘ ist. Sie verwechseln aber Lernen mit Können und sind schnell frustriert, wenn sie nicht alles auf Anhieb verstehen oder auch mal durch eine Prüfung fallen.“

Hauth bringt Resilienz ins Spiel, eine psychische Widerstandsfähigkeit, mit akuten Krisen und dauerhaften Belastungen angemessen umzugehen. Sie nennt fünf Faktoren, die es für mehr Stressresistenz braucht: soziale Unterstützung bei der Arbeit, außerhalb der Arbeitswelt Beziehungen und Kommunikation pflegen, Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten (Selbstwirksamkeit), Optimismus (Positives jeden Abend notieren) und Hoffnung (Zuversicht trainieren).

IFightDepression.com: Hilfe bei Depressionen

Wer sich schon mal um einen Therapieplatz bemüht hat, kennt das Problem: Die Wartezeiten für eine Psychotherapie sind lang, die Praxen restlos überfüllt.

Wer dennoch schnelle Hilfe benötigt, kann mit dem iFightDepression-Tool der Stiftung Deutsche Depressionshilfe erste Krisenintervention betreiben. Das kostenlose Selbstmanagementprogramm richtet sich an Menschen mit leichten Depressionsformen. Es basiert auf den Prinzipien der kognitiven Verhaltenstherapie und ist in sechs Workshops gegliedert: 1. Denken, Fühlen, Handeln; 2. Schlaf und Depression; 3. Schöne Dinge unternehmen; 4. Dinge erledigen; 5. Negative Gedanken erkennen; 6. Negative Gedanken verändern.

Der Zugang zum Tool erfolgt über einen qualifizierten Hausarzt.

Essen Sie sich gesund

So wird Fisch familienkompatibel

Kinder mögen das Essen, das sie in ihren Familien häufig serviert bekommen, und behalten die Gewohnheit ein Leben lang bei.

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Foto: Gräfe und Unzer Verlag / Barbara Bonisolli

Gesund und schlank durch den Tag - das beginnt mit dem Frühstück: Wer morgens ungern isst oder früh raus muss, verbessert seinen Start mit einem Smoothie auf Gemüsebasis. Er liefert Energie ohne Kauen, sollte deshalb aber auch in Maßen getrunken werden. Heute gibt es einen Spinatsmoothie, der schmeckt neutral, ist fi x zubereitet, lässt sich gut würzen – und: Sie haben bestimmt noch Spinatreste, die Sie nicht für die Fischburger verwerten, die mittags auf den Tisch kommen: Einmal in der Woche sollten wir Fisch essen, da er Eiweiße und vor allem Omega-3-Fette liefert. Mit anderen Lieblingszutaten wie Tomate oder Gurke und zwischen zwei Brötchenhälften wird der Fisch familienkompatibel. Abends gibt es RohkostSalat: Mit Couscous (vom Mittag), Raspelmöhren und einem Ingwer-Orangen-Dressing.

Ihr Tagesplan

Morgens haben Sie die Wahl: Wer schon Hunger hat, greift zum Müsli mit frischem Obst oder Brot mit Gemüse, wer lieber später isst, kann sich mit diesem leichten Gemüsesmoothie den Start in den Tag erleichtern. Mittags gibt es saftige Fischbouletten im Burger, abends Raspelmöhren-Couscous-Salat.

Morgens: Smoothie aus je 60 g Spinat, Salatgurke und Apfel, 1 EL Orangensaft, 1 Prise Salz mixen und mit Wasser verdünnen. Wer es süß mag, mixt eine Dattel rein, würzig wird es mit einem Stück Ingwer, gehaltvoller mit 1 EL zarten Haferflocken.

Mittags: Für die Fischburger das Ei verquirlen, Spinat und Petersilie fein schneiden. Fischfilet in kleine Stücke teilen, dann pürieren, dabei das Ei zugeben. Mit Couscous, Spinat und Petersilie verkneten und mit Salz und Pfeffer würzen. Aus der Masse acht flache Frikadellen formen und in einer beschichteten Pfanne in Öl knusprig braten. Warm stellen. Avocado halbieren, den Kern entfernen und das Fruchtfleisch aus der Schale lösen. Mit einer Gabel zerdrücken und mit Joghurt, Zitronensaft und Meerrettich glattrühren. Mit Salz und Pfeffer abschmecken. Brötchen kurz aufbacken und halbieren. Tomaten waschen und in Scheiben schneiden, Salatblätter waschen und trockenschütteln. Die Brötchenunterhälften mit Salat, je einer Fischfrikadelle und Tomaten belegen. Ein Klecks Avocadocreme daraufgeben und die obere Hälfte aufsetzen.

Abends: Möhren (pro Person etwa 200 g) grob raspeln und mit einem Dressing aus 1 EL Öl, 100 ml Orangensaft, 1 Stück gehackten Ingwer und 1 EL Joghurt mixen. 30 g Feta zerbröseln und 1 Dattel hacken, alles zusammen mit Couscous (pro Person 30 g) vermischen und zehn Minuten quellen lassen.

Zutaten Fischburger Zutaten Fischburger

Zutaten für vier Portionen

Zubereitung: 35 Minuten

80 g Couscous
60 g Spinat
1 Bund Petersilie
400 g Seelachsfilet
1 Ei Salz, Pfeffer, 2 EL ÖL
1 reife Avocado
3 EL Naturjoghurt, 3,5%
2 EL Zitronensaft
½ TL geriebener Meerrettich
4 Vollkornbrötchen
3 Tomaten
einige Salatblätte

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Rezept „Kochen für Kinder“ Dagmar von Cramm, Gräfe und Unzer-Verlag.


So geht‘s weiter

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13. Mai: Ernährung/ Fasten
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15. Mai: Diabetes
16. Mai: Erste Hilfe
17. Mai: Seelische Gesundheit
18. Mai: Gelenke
20. Mai: Demenz
21. Mai: Darm
22. Mai: Zahngesundheit
23. Mai: Wechseljahre
24. Mai: Augengesundheit
25. Mai: Rücken

"Bereitschaft zur Veränderung zeigen"

Verhaltenstherapeutin Anne Henchen rät bei regelmäßigen Stresssituationen dazu, seine Prioritätenliste zu überarbeiten.

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Anne Henchen kommt aus Tübingen und ist Psychologische Psychotherapeutin mit dem Schwerpunkt Verhaltenstherapie. Foto: privat

Wer unter Dauerbelastung steht, bewegt sich schnell auf einem Level, auf dem man nicht mehr reflektieren kann.

Aus der Praxis

Jetzt mal ehrlich!

Deutsche Meisterschaft Nord 2. Liga Open 2017 - 1. WE

Dr. Laura Dalhaus Allgemeinmedizinerin in Rhede im Münsterland
Dr. Laura Dalhaus Allgemeinmedizinerin in Rhede im Münsterland

Forschung

Kein erhöhtes Krebsrisiko

Eine künstliche Befruchtung erhöht einer Studie zufolge beim Nachwuchs nicht das Krebsrisiko – zumindest bis zum frühen Erwachsenenalter. Das berichten niederländische Forscher im Fachblatt „Human Reproduction“. Die Untersuchung widerspricht damit früheren Studien. Ludwig Kiesel, Direktor der Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in Münster, hält die Studie für einen wichtigen wissenschaftlichen Beitrag zur Debatte um künstliche Befruchtung: „Die Aussagen sind sehr hilfreich, wenn Ärzte Paare mit unerfülltem Kinderwunsch beraten.“