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„Wir ergänzen die Schulmedizin“

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„Wir ergänzen die Schulmedizin“

Sie sind Leiter des Kompetenzzentrums für Komplementärmedizin und Naturheilkunde in München. Was genau fällt nach Ihrer Definition unter den Begriff Naturheilverfahren?Da stellt sich zunächst die Frage: Welcher Naturbegriff ist gemeint? Einfach alles darunter zu fassen, was mit Erde, Pflanzen, Wasser, Kälte oder Wärme zu tun hat, wäre zu plakativ. Es geht auch um die natürlichen inneren Selbstheilungskräfte des Menschen und darum, wie jeder Einzelne seine organismischen und seelisch-geistigen Potenziale ausschöpfen kann. Die Gesunderhaltung von innen heraus wird leider immer noch zu wenig von der modernen Medizin, die stets von außen ansetzt, berücksichtigt.Aber viele Ärzte propagieren doch gerade im Zusammenhang mit solchen Volkskrankheiten wie Rückenleiden oder Bluthochdruck eine Umstellung des Lebensstils mit mehr Bewegung und gesunder Ernährung.Ja, allerdings sind viele Kollegen frustriert, weil sie allzu oft zu wenig damit beim Patienten erreichen und immer nur den Folgeschäden hinterherlaufen. Es herrscht im Verhältnis zum Arzt häufig ein eher passives Verständnis beim Patienten vor, was die Behandlung angeht: Der Arzt soll gegen die Krankheit eine Medizin verschreiben oder eine Therapie. Aber angesichts der steigenden Zahl an chronischen Krankheiten wie eben Herz-Kreislauf-Beschwerden oder auch Gelenk- und Rückenschmerzen reicht das nicht. Zusätzlich brauchen wir eine Art moderne Lebensstilmedizin, bei der die Patienten gefordert sind, aktiv am Genesungsprozess mitzuwirken. Leider gibt es diesbezüglich ein Vermittlungsproblem.

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Naturheilverfahren finden großen Anklang bei Patienten, aber auch immer mehr Ärzte setzen auf die „grüne“ Medizin. Was kann sie und ist sie wirklich frei von Nebenwirkungen? Fragen an Professor Dieter Melchart

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Rund 400 Punkte nutzt die traditionelle chinesische Medizin bei der Akupunktur. Fotos: Fotolia

Warum?

Die Ärzte sind in der Regel nicht pädagogisch geschult und haben zu wenig Zeit. Das Medizinstudium in Deutschland sieht zu wenig Didaktik vor. Die Fakultäten sollten diesen Aspekt endlich mehr berücksichtigen. Wir vom KoKoNat setzen uns dafür ein. Denn um jemandem klarzumachen, dass er sein Übergewicht in den Griff bekommen muss, braucht es seitens des Arztes verständliche Argumente und Lösungsvorschläge, die sich auch im Alltag umsetzen lassen. Hier kommt der Komplementärmedizin eine tragende Rolle zu.

Inwiefern?

Sie setzt auf ein individuelles Gesundheitsmanagement, das zusätzlich zur medikamentösen Medizin auf physiologische, geistig-seelische Komponenten sowie auf Bewegung und Ernährung setzt, um Gesundheit aus sich selbst entstehen zu lassen.

Der Begriff „komplementär“ meint ja ergänzend, in diesem Falle ergänzend zur Schulmedizin. Wie sind die Begriff e Alternativmedizin und integrative Medizin zu verstehen?

Alternativmedizin suggeriert eine Alternative zur Schulmedizin. Das kann aber schnell falsch verstanden werden. Denn die Schulmedizin mit all ihren lebensrettenden Errungenschaften muss immer die Basis sein für die Behandlung von Krankheiten. Es gibt also kein „Entweder-oder“, sondern nur ein „Sowohl-als-auch“. Die Bezeichnung Komplementärmedizin halte ich daher für die treffendste, wenn es um unterstützende Maßnahmen bei der Behandlung von akut, aber auch chronisch kranken Menschen geht. Man ergänzt dabei das, was da ist. Der Name integrative Medizin ist in den USA geprägt worden. Dahinter steckt das Prinzip einer geordneten Einbindung von Komplementärmedizin in die Schulmedizin beziehungsweise eine umfassende Gesundheitsmaximierung des Einzelnen.

Die Deutschen waren Naturheilverfahren gegenüber immer schon sehr aufgeschlossen.

Vor zwei Jahrzehnten war es noch eher selten, dass Ärzte zu Akupunktur oder Yoga geraten haben. Doch mittlerweile finden Naturheilverfahren nicht nur bei Patienten großen Anklang, auch immer mehr Ärzte setzen zusätzlich zur schulmedizinischen Behandlung auf alternative Therapieverfahren. Wie erklären Sie sich diese Entwicklung?

Die Bevölkerung war schon vor mehr als drei Jahrzehnten daran interessiert. Ich denke, das hat historische Wurzeln. Kneipp oder auch die Reformbewegung haben dazu beigetragen, dass man in Deutschland schon immer sehr aufgeschlossen gegenüber Naturheilverfahren war.

Unter welchen Voraussetzungen darf ein Arzt damit werben, darauf spezialisiert zu sein?

Wenn er beispielsweise Akupunktur anbietet. Die ist in der Weiterbildungsordnung verankert. Der Arzt muss vor der Ärztekammer 200 Fortbildungsstunden und die Mitwirkung an Schmerztherapiekolloquien nachweisen sowie eine Prüfung ablegen.

Gibt es Beweise nach schulmedizinischen Ansprüchen für die Wirksamkeit von Akupunktur?

Ja. Es gibt international anerkannte Studien, die jeweils einen Evidenznachweis, zum Beispiel bei chronischen Rückenschmerzen und Arthrose, geliefert haben.

Traditionelle chinesische Medizin ist nicht esoterisch, sondern sehr pragmatisch.

Inwiefern sind ergänzende Therapien in den medizinischen Leitlinien für Ärzte verankert?

Wir stehen am Anfang. Es sind jedoch gerade in Zusammenhang mit Krebs komplementärmedizinische Empfehlungen in Arbeit. Nach jetzigem Stand wird es wohl in zwei Jahren zur Aufnahme kommen.

Erst? Dabei spielt die Komplementärmedizin doch gerade bei Krebserkrankungen eine große Rolle.

Das ist richtig. Da haben wir bereits Erfolge nachzuweisen. Etwa bei der Behandlung von Nebenwirkungen bei der Strahlen- oder Chemotherapie. So lassen sich zum Beispiel Nervenschmerzen mit einem speziellen Peeling aus Olivenöl und Zucker lindern oder Hautentzündungen mit grünem Tee minimieren.

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Und wie steht es um die Aufnahme der höchst umstrittenen Homöopathie in die medizinischen Leitlinien für Ärzte?

Zum jetzigen Zeitpunkt ist das nur schwer vorstellbar. Die Homöopathie arbeitet zwar auch mit dem Ansatz, die Selbstheilungskräfte des Körpers zu aktivieren, aber im Unterschied zu anerkannten Naturheilverfahren setzt sie auf Mittel und Maßnahmen, deren heilende Wirkung wissenschaftlich nicht nachweisbar sind.

Sie selbst sind Experte für traditionelle chinesische Medizin (TCM) und haben auch eine Gastprofessur in China inne. Wie viel jahrtausendealte Tradition steckt wirklich hinter der heutigen TCM?

Durch die Kulturrevolution in den 1960er und 1970er Jahren hat sich diesbezüglich viel verändert. Hinter TCM steckt mittlerweile ein sehr pragmatisches Konzept. Wenn man mal den politisch-philosophischen Teil weglässt, hat das überhaupt nichts mit Esoterik zu tun. Gerade die chinesische Pflanzenheilkunde bietet ein großes Zukunftsfeld. Nehmen Sie als Beispiel nur die chinesische Pharmakologin Youyou Tu, die 2015 den Medizinnobelpreis bekam. Aus der der traditionellen chinesischen Medizin entstammenden Heilpflanze Artemisia annua, dem Einjährigen Beifuß, gewann sie die Substanz Artemisinin, die wirksam Malaria bekämpft.

Apropos Heilpflanzen – viele glauben dabei an Heilung ohne Nebenwirkungen. Ist „grüne“ Medizin immer sanft und harmlos?

Auf gar keinen Fall. Jede Pflanze ist auch eine Droge. Sie kann toxische Wirkung entfalten. Vorsicht gilt vor allem für Angebote, die im Internet präsentiert werden. Was nicht offiziell von einer Apotheke verkauft wird, kann womöglich manipulierte Inhaltsstoff e enthalten. Auch in Sachen Pflanzenheilkunde braucht es auf jeden Fall geschulte Ärzte, die kompetent beraten.

Interview: Kerstin Hergt

Zur Person

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Dieter Melchart (64) ist Anästhesist und außerplanmäßiger Professor für Naturheilkunde und Komplementärmedizin an der Technischen Universität München und der Universität Zürich. Er hat bereits vor rund 35 Jahren das Kompetenzzentrum für Komplementärmedizin und Naturheilkunde (KoKoNat) in München mitbegründet. Das KoKoNat ist am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München angesiedelt und hat sich die Ausweitung von Forschung, Lehre und Praxis der Naturheilverfahren zum Ziel gesetzt.

Selbstheilungskräfte stecken in jedem

Der „innere Doktor“ ist fürsorglich und rund um die Uhr im Einsatz

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Bei Schnittwunden lässt sich bei der Selbstheilung zusehen. Foto: Fotolia

Von Sabine Meuter

Er repariert, er erneuert, er heilt – der innere Arzt kann viel. Damit er richtig arbeiten kann, muss der Einzelne aber auch etwas tun. Und manchmal stoßen die Selbstheilungskräfte an ihre Grenzen. Selbstheilungskräfte stecken in jedem. Das ist von Natur aus so. Der „innere Doktor“ ist fürsorglich – und rund um die Uhr im Einsatz. Wer sich versehentlich in den Finger geschnitten hat und blutet, kann beobachten, wie sich die Wunde mit der Zeit – ganz von allein – zusammenzieht und schließlich heilt. Der Körper schüttelt auch die lästige Erkältung ab, er lässt selbst gebrochene Knochen wieder zusammenwachsen. Ein Großteil der Erkrankungen heilt nach Ansicht von Medizinern von selbst aus.

Das heißt aber natürlich nicht, dass man bei Beschwerden oder Krankheiten nicht mehr zum Arzt gehen sollte.

46 Prozent der Deutschen haben schon einmal ein Naturheilverfahren ausprobiert.

Selbstheilungskräfte werden auch durch den Zuspruch des Arztes stimuliert. Die innere Einstellung spielt nicht nur bei der Genesung eine Rolle, sondern ist auch entscheidend dafür, ob jemand krank wird oder nicht. Das belegen Studien der Psychoneuroimmunologie, die sich mit dem Zusammenwirken von Seele und Körperabwehr beschäftigt.

Der amerikanische Psychologe Sheldon Cohen wies unter anderem nach, dass Menschen, die mehr Freunde, dafür aber weniger Stress haben, weniger anfällig für Erkältungen sind.

Aber wie stellt es der Körper an, sich selbst zu heilen? Der komplexe menschliche Organismus wird vom Gehirn gesteuert. Es regelt das Herz-Kreislauf-System, den Hormonhaushalt sowie das Nerven- und das Immunsystem. Sobald das Hirn ein Signal bekommt, dass etwas aus dem Gleichgewicht geraten ist, aktiviert es die Selbstheilungskräfte – ohne dass der Mensch es merkt.

Selbstheilungskräfte stoßen aber auch an ihre Grenzen. Wenn der Körper nicht mehr in der Lage ist, zum Beispiel Insulin oder Schilddrüsenhormone zu produzieren, dann nützt der innere Arzt wenig.

Sprechstunde

Design versus Diagnose

Dr. Urs-Vito Albrecht ist stellvertretender Direktor des hannoverschen Standorts des Peter L. Reichertz Instituts für Medizinische Informatik der Technischen Universität Braunschweig und der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH).
Dr. Urs-Vito Albrecht ist stellvertretender Direktor des hannoverschen Standorts des Peter L. Reichertz Instituts für Medizinische Informatik der Technischen Universität Braunschweig und der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH).
Sie zählen Schritte, erfassen den Schlaf und geben Ernährungstipps: In den App-Stores gibt es inzwischen Hunderttausende Apps rund um die Themen Medizin, Gesundheit und Fitness. Sicherlich gibt es sinnvolle Anwendungen, doch sind diese nicht leicht zu erkennen. Insbesondere, ob es sich um qualitativ hochwertige und seriöse Apps handelt, sieht man nicht auf den ersten Blick. Für die Anbieter sind Apps lediglich Vehikel, die die Geräte anpassbar und dadurch attraktiv machen. So beschränken sich die Vorgaben der Stores auch primär auf technische und Designvorgaben. Gerade einmal um die 70 von den knapp 100 000 Apps sind als Medizinprodukt zu identifizieren. Und die anderen Apps? Informiert der Anbieter nicht transparent über den Zweck seiner App und fehlen Nachweise der Funktionalität, dann wird es mit der Richtigkeit der Diagnose auch nicht weit her sein.

Heilpflanzen auf dem Balkon züchten

Hilfe für kleine Wehwehchen, Entspannung nach einem stressigen Tag und ein wohltuender Raumduft: Heilpflanzen lassen sich vielfältig einsetzen und zum Teil auf dem Balkon züchten. Ringelblume, Johanniskraut und Lavendel etwa wachsen gut in Töpfen.

Grüne Hausmittel aus eigener Aufzucht haben auch den Vorteil, dass man um das Sammeln in der Natur herumkommt. Zumal es vielen schwerfällt, Pflanzen sicher zu bestimmen. Außerdem herrscht über die Qualität der in der freien Natur wachsenden Pflanzen inzwischen eine durchaus berechtigte Skepsis. Feinstaub, hohe Düngerkonzentrationen und Giftstoff e im Boden beeinträchtigen die Wildflora.

Eigens gezüchteten Pflanzen sollte man möglichst immer die Bedingungen wie am Naturstandort bieten. Heilkräuter bevorzugen in der Regel mageren, nicht zu humusreichen Boden.

Großmutters Rat

Ausschwitzen mit Rettichsuppe

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Die Rettichsuppe unterstützt dabei, eine Erkältung auszuschwitzen. Zudem kurbelt sie das Immunsystem an. Für die Zubereitung vier bis fünf fein geschnittene Frühlingszwiebeln, 15 Gramm frischen Ingwer und einen fein geschnittenen weißen Rettich in einem Liter Wasser aufkochen. Die Brühe zehn Minuten reduzieren lassen und dann mehrmals täglich genießen. iff

Aus „Zwiebelwickel, Essigsocken & Co.: Traditionelle Heilmittel neu entdeckt“ von Karin Berndl und Nici Hofer, Eden Books.

Gesund genießen

Chicorée trifft auf Dorade

Foto: Hubertus Schüler
Foto: Hubertus Schüler
Frischer Fisch darf ruhig zweimal pro Woche auf den Tisch kommen. Mit leckeren Beilagen schmeckt er doppelt gut

Chicorée führt ein Schattendasein: Denn der Salat wächst tatsächlich in der Dunkelheit. In ihm sind viele Bitter- und Ballaststoff e enthalten. Außerdem stärkt Chicorée den Verdauungsprozess und die Darmflora.

So geht’s

Für den Salat die Orange mit einem Messer großzügig schälen, sodass auch die weiße Haut entfernt wird, und quer in Scheiben schneiden (alternativ die Spalten herausschneiden), dabei über einer Schüssel arbeiten, um den Saft aufzufangen. Die Salatblätter waschen und trocken schleudern. Aus der Gurke mit einem Kugelausstecher kleine Kugeln ausstechen. Beiseitestellen.

Für den Fisch das Doradenfilet auf der Innenseite längs der Mittellinie durchschneiden, so erhält man ein kleineres und ein etwas größeres Stück. Die Hautseite der beiden Filetstücke mit dem Messer rautenförmig einschneiden, damit sie nachher eine schönere Kruste bekommen.

Die beiden Fischstücke leicht salzen. Eine Pfanne auf mittlerer Stufe erhitzen. Das Erdnussöl zugießen und heiß werden lassen. Die Filetstücke mit der Hautseite nach unten in die Pfanne geben und drei bis vier Minuten braten, dann wenden, vom Herd nehmen und zwei Minuten nachgaren lassen.

Parallel zum Braten des Fischs für den Salat das Erdnussöl in einer anderen Pfanne auf mittlerer Stufe erhitzen.

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Das brauchen Sie
Für 2 Personen

Für den Salat
1 Orange
50 g grüne Salatblätter oder Blattgemüse (zum Beispiel Brunnenkresse, Rucola, Feldsalat, Portulak, Babyspinat)
70 g Minisalatgurke
1 TL Erdnussöl
400 g roter Chicorée, Blätter abgelöst und Herzen längs halbiert
Meersalz
2–3 EL milder Weißweinessig gemahlener Pfeffer
2 EL Olivenöl
300 g gegarte Rote Bete (vakuumverpackt), halbiert oder geviertelt
200 g Eiszapfen-Rettiche, längs halbiert

Für den Fisch
90–100 g Doradenfilet, restliche Gräten entfernt
Meersalz
1 EL Erdnussöl zum Braten

Den Chicorée darin ein bis zwei Minuten braten, dann vom Herd nehmen und leicht salzen. Den Essig mit Salz und Pfeffer in eine Schale geben und dann das Olivenöl mit dem aufgefangenen Orangensaft einrühren. Orange, Salat, Gurkenkugeln, Rote-Bete-Stücke und Eiszapfen-Rettiche auf zwei Tellern anrichten. Dorade und Chicorée zugeben und die Vinaigrette darüberträufeln.

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Das Rezept stammt aus dem Buch „Schlank! und gesund mit der Doc Fleck Methode“ von Anne Fleck und ist bei Becker Joest Volk erschienen.