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„Kameradschaft ist nichts für Selbstdarsteller“

Unsere Feuerwehr

„Kameradschaft ist nichts für Selbstdarsteller“

Wolfgang Witte (54) ist seit 33 Jahren Mitglied der Miester Feuerwehr, seit 15 Jahren Wehrleiter. Seit Herbst 2017 hat die Ortsfeuerwehr, die 44 Aktive hat, ein neues Gerätehaus. Die Volksstimme hat mit Wolfgang Witte über die hervorragenden Bedingungen der Miester Feuerwehr, die Zukunft der freiwilligen Feuerwehren und Kameradschaft gesprochen.Der Neubau des Miester Gerätehauses war eine 18 Jahre lange Hängepartie mit einem Happy End im Herbst 2017. Was ist die größte Verbesserung?Wolfgang Witte: Das Gebäude entspricht allen Normen und wir können uns in einen Einsatz begeben, ohne uns die Füße kaputt zu fahren, wenn Fahrzeuge aus der Halle rollen. Und: Ein Großteil der Zeit wird von den Kameraden hier verbracht.War der Bau des Hauses ein Motivationsschub für die Kameraden?Witte: Auf jeden Fall. Es ist nicht mehr so beengt wie früher und wir haben technisch alle Möglichkeiten ausschöpfen können, die uns durch die Stadt gewährt wurden, denn den Löwenanteil hat die Stadt Gardelegen finanziert. Dadurch herrscht eine recht große Dankbarkeit von unserer Seite.Mit 44 Aktiven ist Mieste die drittgrößte Ortswehr der Hansestadt. Warum ist dieser Standort hier so wichtig?Witte: Wir haben hier die B 188, die ICE-Strecke, das Unternehmen Carl Bechem und weitläufige Waldgebiete – und wir sind 24 Stunden einsatzbereit. Wir haben einen ganzen langen Schlauch bis nach Breitenfeld, wo es nicht möglich ist, 24 Stunden Einsatzbereitschaft zu gewährleisten. Wir arbeiten ständig daran, die Einsatzbereitschaft – beispielsweise auch in der Woche vormittags – aufrechtzuerhalten. Und das hat bis jetzt immer geklappt.Wie ist aus Sicht des Miester Ortswehrleiters die Zusammenarbeit der 26 freiwilligen Feuerwehren in der Hansestadt Gardelegen?Witte: Ich bin geborener Miester, bin und bleibe Miester, aber ich sage auch, dass die Zeit der eigenständigen Feuerwehr Mieste vorbei ist. Wir haben hier mit jedem ein gutes Verhältnis. Die Zusammenarbeit wächst, gerade Personen wie Wehrleiter müssen sich dazu bekennen. Nur in der Gemeinsamkeit haben wir Chancen auf Großes. Ein gutes Beispiel ist die letzte Truppführerausbildung, die stadtübergreifend war.Schaut man sich die Zahl der Aktiven an, ist zu sehen, dass in Dörfern mit geringer Einwohnerzahl deutlich mehr Bürger aktive Feuerwehrkameraden sind. Warum ist das so?Witte: Auf einem kleinen Dorf ist es leichter, weil es vielfach nur die Feuerwehr gibt und sich junge Menschen untereinander kennen. Aber das hatten wir im vergangenen Jahr bei uns auch. Da kamen drei junge Männer, die bis dahin noch nie etwas mit der Feuerwehr zu tun hatten.Bieten die Digitalisierung und die hochmoderne Feuerwehrtechnik Chancen, Nachwuchs zu gewinnen?Witte: Für die Feuerwehr ist Handwerk eigentlich einfacher. Wenn die Technik zu kompliziert wird, hat das auch Tücken. Es ist so, dass viele die alten Funkgeräte wieder haben wollen: ein Schalter dran, ein und aus, geht oder geht nicht. Feuerwehrtaktik und digitale Technik können aber natürlich interessant sein. Und den jüngeren Kameraden fällt das zehnmal leichter als mir, ich muss immer überlegen – und dann manchmal auch noch ohne Brille.Von 644 Aktiven sind 94 Frauen. Welche Rolle spielen aktuell und künftig die Frauen?Witte: Sie spielen eine große Rolle, denn sie sind Einsatzkräfte. Sie erfüllen nicht den Zweck des Kaffeekochens und des Verpflegungsapparates. Und bestimmte Sachen können sie sehr gut: zum Beispiel die Betreuung nach schweren Verkehrsunfällen, wo sie einfühlsamer und besser als Männer sind. Unsere Frauen hier in Mieste machen alles. Dazu kommt die Bedienung der Computertechnik zur Einsatzdokumentation, wo Frauen aus Büroberufen für die Feuerwehr sehr hilfreich sein können.Werden die freiwilligen Feuerwehren in der Hansestadt Gardelegen langfristig Bestand haben?Witte: Ich glaube, dass es bei uns im ländlichen Raum noch eine ganze Weile auf Basis der freiwilligen Feuerwehren laufen wird. Wir sind einfach alle verpflichtet, als Feuerwehrleute hier ringsum ein gutes Verhältnis zueinander zu haben.Was war Ihr persönlich schönstes Erlebnis bei der Feuerwehr?Witte: Es gab schon viele schöne Erlebnisse. Der Neubau des Gerätehauses gehört dazu. In der Hauptsache ist Feuerwehr Pflichterfüllung, aber es macht viel Spaß, wenn man seine Leidenschaft dafür entdeckt hat.

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Die Feuer-Rohbauversicherung versichert den Rohbau gegen Schäden durch Brand, Blitz oder Explosionen. Foto: Pixabay

Im Interview mit Wolfgang Witte

Gardelegen

Die Hansestadt Gardelegen hat 26 freiwillige Feuerwehren inklusive 4 Löschgruppen in den Ortsteilen.

644 Mitglieder sind aktiv im Einsatz, davon 94 Frauen. Die Zahl der Aktiven entspricht damit 2,8 Prozent der Bevölkerung.

Die Ortswehren mit dem höchsten Anteil an aktiven Einsatzkräften im Verhältnis zur Einwohnerzahl sind Peckfitz und Seethen mit 15 Prozent, Wiepke mit 14 Prozent und Dannefeld mit 13 Prozent.